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WBS 70

KATALOG WBS 70 fünfzig Jahre danach

Die Fassade eines WBS 70-Plattenbaus bildet eine rasterartige Struktur. Thomas Baumhekel lebt seit 1997 in einem der letzten, 1990 noch fertiggestellten WBS 70-Blöcke. Er kennt die rauen, gratigen Betonkanten, die er seit 2019 mit ungespitztem, schwarzem Farbstift in Zeichnungen übersetzt.

Die 2019 begonnene Serie „WBS 70“ ist Teil seiner unter dem Titel „Grundkurs – Poesie eines Lehrbuches“ firmierenden Beschäftigung mit dem ersten Japanisch-Lehrbuch der DDR. Es erschien erstmals 1981, das Produktionsende fiel mit dem der Wohnbauserie zusammen. Jeweils ein Lehrbuchsatz pro Bild wird in japanischen Schriftzeichen ins Papier geritzt. Im Raster der Betonfugen kleben anstelle der Fenster Briefmarken mit Bildnissen, die zwischen 1973 (Max Reinhardt) und 1990 (Bruno Leuschner) ausgeben, gestempelt und verschickt wurden. Sie zeigen staatlich vorgegebene, meist männliche Leitfiguren: So wie der Plattenbau keinen Dachboden hat, gab es in diesem System scheinbar keinen Raum für persönliche Erinnerung. 

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